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Montag, 27. Juli 2015

Leben mit einem Schreibaby



Allein wenn ich an diese Zeit zurück denke , schießen mir die Tränen in die Augen.  Wir haben uns so sehr auf unser Kind gefreut und wir haben uns seelisch, physisch und auch psychisch auf alles eingestellt. Sowohl auf die guten , als auch auf die schlechten Tage die mal kommen werden. Wir fühlten uns rund um gut informiert durch den Geburtsvorbereitungskurs , etliche Bücher , Erfahrungsberichte von unseren Eltern oder Freunden und das Internet. Doch das was uns erwartete ,  über traf alles .

Der Tag an dem unser Sohn geboren wurde , war mit Abstand der schönste in unserem leben! Soviel pure liebe , Glück und Vollkommenheit hatten wir nie zuvor empfunden. Dieses kleine Wesen hat uns total den Kopf verdreht und wir waren sofort verliebt in ihn. Aller Anfang ist schwer und auch wir mussten unser Baby erstmal kennenlernen. Was sind seine Bedürfnisse ? Wann hat er Hunger ? Wann ist ihm kalt ? Wann ist ihm warm ? Wann hat er schmerzen ? Und die wichtigste Frage war immer , wie können wir ihm helfen das er rundum glücklich und zufrieden ist ? Wir haben uns geschworen ihm alles zu geben was er braucht.

Die ersten Tage im Krankenhaus waren durchwachsen. So wie bei den meisten frisch gebackenen Eltern wahrscheinlich . Auf der einen Seite waren wir total überwältigt von unserem Sohn und  auf der anderen Seite schon jetzt voller sorge . Mir war bewusst , das Babys nicht nur ruhig im Bettchen oder bei der Mama schlafen und sich nur dann melden ,wenn sie Hunger hatten oder die Windel voll war. Doch in diesen ersten tagen wusste ich schon , das etwas nicht stimmte. Unser Sohn hat sehr viel geweint , tagsüber weniger , doch dafür nachts in einem durch. Die Schwestern im Krankenhaus meinten immer , ich sollte Geduld haben. Das wäre alles normal. Ja das dachte ich mir dann auch , es ist alles normal. Ich wartete auf den Milch ein Schuss , musste erstmal lernen zu stillen und wie es für uns beide am besten ist. Oft habe ich geweint , und mein Kind angeschaut und gedacht , was hast du bloß das du so bitterlich weinst ? Ich fühlte mich jetzt schon total hilflos und als Versager . Ich gab mir selber die schuld dafür , das mein Kind weinte. Es war so fest im meinem Kopf verankert  das ich , als Mutter , einfach wissen MUSS was meinem Kind fehlt oder gerade braucht. Schließlich liegt dies in der Natur der Frau. Ja so habe ich gedacht , eine sehr lange Zeit . In der vorletzten Nacht im Krankenhaus ging gar nichts mehr bei mir. Ich wart total über müdet und hatte seid der Geburt nie länger als eine Stunde geschlafen. Mein Freund konnte dies nicht mehr mit ansehen und bat eine Schwester um Rat. Sie hatte mir angeboten meinen Sohn mal für drei Stunden mit ins Kinderzimmer zu nehmen nachdem ich ihn gestillt hatte damit ich mal schlafen konnte. Dieses Angebot wollte ich aber nicht annehmen. Ich fühlte mich auch so schon schlecht genug , nicht zu wissen was mein Kind hat und dann sollte ich auch noch anderen mein Schreibaby geben NUR damit ich mal schlafen konnte ? NEIN! Aber ein paar Stunden später klingelte ich doch und bat die Schwester unter Tränen sich um mein Kind zu kümmern. Sie versuchte mich zu beruhigen und erklärte mir das ich mir keine sorgen machen sollte oder mir ein schlechtes gewissen machen muss. Dies hatte ich aber in dem Moment! Sie nahm meinen Sohn mit und ich hörte ihn noch auf dem Flur schreien. In dem Moment weinte ich immer mehr und konnte nichts mehr kontrollieren. Am liebsten wäre ich aus dem Zimmer gerannt und hätte ihn wieder zu mir geholt. Doch ich war so kraftlos und lag wie versteinert im Bett  bis mir die Augen vor Müdigkeit zu vielen. Ich habe dann sage und schreibe drei Stunden am Stück geschlafen. Das tat wirklich gut und ich fühlte mich wie neugeboren! Die Schwester kam dann rein , machte mich wach und brachte mir meinen Sohn wieder. Sie sagte mir , das er wohl noch eine ganze Weile geweint hatte und sie ihn dann zu gefüttert hätte und dann ist er eingeschlafen. Mein Kind hatte also die ganze Zeit " nur " Hunger ? Ich war verwirrt. Am nächsten Tag wurde ich dann an die elektrische Milchpumpe angeschlossen um zu sehen ob ich überhaupt genug Milch hatte. Nein hatte ich nicht. Aus der linken Brust kam gar nichts und aus der rechten nur sehr wenig und das vier Tage nach der Geburt. Für uns alle war die Sache klar das der Milch Einschuss noch nicht eingetreten war und deswegen mein Baby so weint. Und siehe da , am nächsten Tag lief es nur so , die Milch ! Ich war über Glücklich !

Am  nächsten Tag ging es nach Hause und ich fühlte mich super. Ich hatte endlich genug Milch um mein Kind zu stillen und wollte einfach nur noch die Zeit genießen mit meiner Familie. Zu hause angekommen erwartete uns noch eine Überraschung. Das Haus war von aussen geschmückt , mit einer Leine und dem klapper Storch . Am späten nachmittags ging es dann los. Unser Sohn SCHREITE! Ich hatte ihn gestillt ,ein bäuerchen machen lassen und gewickelt. Er schrie immer noch! Ich kontrollierte ob er Fieber hatte , ob es ihm vielleicht zu warm oder zu kalt sei. Aber es war alles in Ordnung. Ich versuchte ihn zum schlafen zu bringen aber auch dies funktionierte nicht. Flieger griff , Babytrage und auch pucken halfen nicht. Er schrie einfach nur ! Und wir hatten keine Ahnung was los ist. So ging es jeden Tag! Nach ca. drei Wochen riet uns unsere Hebamme , einen Osteopathen auf zu suchen. Ich machte sofort einen termin! Doch auch da kam nichts bei rum. Alles in Ordnung. Niemand glaubte uns das es " soooo schlimm " sei wie wir es jedem beschrieben haben. Doch auch unsere Familie merkte schnell , das es doch so war und etwas nicht stimmte. Unsere Hebamme wusste sich keinen Rat mehr und verwies uns zum Kinderarzt. Jede Woche war ich mit meinem Sohn dort. Und man konnte uns einfach nicht helfen! Organisch war unser Kind gesund. Ich wurde langsam sehr aggressiv zu den Ärzten weil ich immer das Gefühl hatte das wir nicht ernst genommen werden. Und das ärgerte mich zu tiefst. Jeden Tag dieses schrille schreien. Wir konnten einfach nichts tun für unser Kind. Wir wussten nicht was er hat und dieses Gefühl der Hilflosigkeit ist grauenvoll! Mittlerweile hatte sich das schreien über den ganzen Tag hin gezogen. Morgens um 6 fing es an bis in die Nacht hinein so gegen 11 Uhr und dann schlief er ein. Wahrscheinlich vor Erschöpfung. Ein sehr grausamer Gedanke wie ich finde. Nach ca 8 Wochen klappte dann auch das stillen nicht mehr. Ich fühlte mich einfach nur noch als Versager in meiner Mutterrolle. Das stillen lief nicht mehr herzlich ab sondern eher maschinell. Ich funktionierte nur noch. Und das gab mir dann den Rest! Nicht nur , das ich nicht wusste warum mein Baby schreit ,nein, ich war auch nicht mal mehr in der Lage mein Kind zu stillen. Dabei wollte ich es doch so sehr! Ab jetzt gab es die Flasche. Doch damit wurde es wohl nur noch schlimmer. Wir mussten leider sehr viel rum experimentieren bis wir endlich ein Produkt fanden was unser Kind vertragen hatte. Es folgten dann noch unzählige Homöopathiesche mittelchen aus der Apotheke , alles Schweine teuer und gebracht hat es auch nix! Nach ca. drei Monaten kam dann der Tag , wo nichts mehr ging! Diesen Tag werde ich niemals vergessen und ich schäme mich dafür. An diesem besagten Tag war alles wie immer. Geschrei ohne Ende und wie immer half nix. In mir stieg langsam eine leichte Aggression hoch und ich musste die Notbremse ziehen! Ich legte meinen Sohn also schreiend in sein Brettchen und schloss die Türe. Ich kauerte mich in eine Ecke und weinte einfach. Ich wusste ja das mein Baby nichts dafür kann und er sich nicht anders bemerkbar machen konnte. Doch ich war einfach nur frustriert und enttäuscht über mich selber! Der Gedanke das ihm etwas weh tat zerreisste mich innerlich! Ich stand auf , ging auf den Balkon und machte mir eine Zigarette an. Eigentlich hatte ich aufgehört aber in dem Moment brauchte ich das. Danach ging ich wieder zu meinem Sohn , holte ihn unter Tränen wieder aus seinem Brettchen , drückte ihn ganz fest an mich und sagte " Mama ist immer für dich da . Ich werde dich nie mehr alleine lassen! Bitte verzeih mir! Ich liebe dich! " . Ich habe ihn nie mehr alleine gelassen seid diesem Tag. Mit etwa 4 1\2 Monaten hörte dieses Geschrei einfach auf. Wir konnten es kaum fassen! Das ganze hatte ein Ende . Warum auch immer. Wir waren so dankbar dafür . An dieser stelle möchte ich mich auch ganz herzlich bei meinem Freund bedanken ,der niemals an mir und meiner Mutterrolle gezweifelt hat! Unser Sohn ist mittlerweile 18 Monate alt , Kern gesund und quitsch fiedel.

Ich kann nur allen Eltern ,die auch in so einer Lage sind , sich Hilfe zu holen und sie auch an zu nehmen! Egal ob es die Familie , Freunde , Nachbarn , Ärzte , Hebamme ist , fragt nach Hilfe. Auch darüber zu reden hilft manchmal ungemein auch wenn es das eigentliche Problem nicht löst.  In den Großstädten gibt es sogar die Sogenannten " Schreiambulanzen" . Man kann dort zu jeder Tages und Nacht Zeit anrufen oder einen Termin vereinbaren um persönlich mit dem Experten Team dort zu sprechen.
Als Schlusswort kann ich nur noch sagen , irgendwann wird es besser!